Wenn man begreift, dass man nicht alleine mit seinem Problem ist, ist das die wertvollste Erfahrung, die man machen kann – auch in der DBT Therapie.
Eine mittlerweile gut funktionierende und anerkannte Therapie bei Borderlinern ist die DBT Therapie. Obwohl der Begriff jetzt schon wieder doppelgemoppelt ist. DBT bedeutet Duale-Behaviour Therapie, auf deutsch Duale Verhaltenstherapie.
Zusammen gestrichen umfasst die Therapie zwei Ansätze: dysfunktionale Verhaltensmuster erkennen und durch funktionale, gesunde Verhalten ersetzen, den Grund für diese Verhaltensmuster erkennen und damit umgehen lernen.
Das hier wird kein Fachartikel, sondern ein Erfahrungsbegriff. Also kein Fachchinesisch, absolut subjektiv und überhaupt nicht wissenschaftlich fundiert.
Erfahrung, kein Fachartikel
Zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich entschied eine DBT zu machen, war ich an einem Tiefpunkt angekommen. Ich hatte eine Umschulung zum Mediengestalter gemacht und ausgerechnet in dem Sommer, in dem die Printkrise ihren Höhenpunkt erreicht, versuchte ich eine Stelle zu bekommen. Dass das nichts werden konnte, kann sich jeder selber ausrechnen.
Nun gut, habe ich mir gedacht, ich bin ja auch ausgebildete Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen und hatte einige Jahre in dem Beruf gearbeitet. Auch wenn der Beruf mich damals an den Rand meiner psychischen Kraft gebracht hatte, war ich der festen Überzeugung, ich würde es schaffen.
Über eine Zeitarbeitsfirma landete ich in der Recyclingbranche und der Stress und der Druck im Speditionswesen brachte mich innerhalb von sechs Monaten erneut wieder nahe an einen psychischen Zusammenbruch.
An dieser Stelle griff mein Mann ein. Er hatte eine lebenslustige Frau kennen gelernt, die trotz oder gerade wegen Erkrankung versuchte sich einen Platz im Leben zu erkämpfen. Diese Frau wurde immer weniger. Stattdessen war ich ein Nervenbündel, ständig übermüdet und unglaublich reizbar. Ich fing wieder an mich selber zu verletzen, obwohl ich das seit Jahren nicht mehr getan hatte.
Er insistierte, bat mich, mich krank schreiben zu lassen und mich in der psychiatrischen Klinik zu melden, damit ich Hilfe bekam.
Am Ende der Kraft
Ich tat es, ich hatte keine Kraft mehr.
Also meldete ich mich bei der LVR Klinik hier in Köln und bekam einen Termin für ein Vorgespräch. Und ab dann hieß es warten und wöchentlich in der Klinik melden. Zwei Mal vergessen anzurufen? Dann noch einmal von vorne. Warum? Zum Einen sind die Plätze begrenzt und heiß begehrt, zum Anderen sind Borderliner prädestiniert dafür, ihre Meinung binnen Sekunden zu ändern. Das war für mich schon die erste Hürde, ich wollte es zwar unbedingt, konnte es aber zu diesem Zeitpunkt nicht verstehen, warum ich jede Woche anrufen sollte.
Doch ich tat es und irgendwann fing meine Therapie dann in der Tagesklinik der LVR an.
DU bist nicht allein – ich auch nicht!
Die wertvollste Erfahrung machte ich direkt an meinem allerersten Tag: ich war nicht allein! Auch wenn ich wusste, dass es andere Borderliner auf dieser Welt gab, aber der Aufenthaltsraum der Klinik war irgendwie eine andere Welt, wir hockten aufeinander und ich bekam ein Gefühl von Gemeinschaft. Ich war mit meinen Problemen nicht alleine, ich war kein Freak, wurde nicht in die Ecke der Außenseiter geschoben.
Keine Freundschaft aus dieser Zeit hat gehalten. Ich sehe schon mal jemanden wieder, zufällig, in der Stadt oder auch mal bei uns auf der Arbeit (tatsächlich!), aber Kontakt zu einem von den damaligen Patienten hab ich nicht. Und irgendwie ist auch das normal. Ich kann Freundschaften nur schwer halten, ich melde mich einfach manchmal lange Zeit nicht. Und das kann jeder Borderliner verdammt gut. Und nur wenige Freundschaften halten das aus. Nocti und Aya zum Beispiel. Die kenne ich aber nicht aus der Klinik.
Zu viel für einen Artikel
Einzelne Aspekte der Therapie wären für einen Artikel viel zu viel. Also wird es auch hier mehrere zu geben, so wie ich es schaffe über diese Zeit zu reden. Denn eines weiß ich mit einigen Jahren Abstand ganz sicher: Eine DBT-Therapie ist nicht einfach. Ich sage immer gerne „Sie haben mich dort zerbrochen, um mich neu zusammen zu setzen.“
Und irgendwie war es auch so. Jedes Verhalten wurde analysiert, und es gibt kein Nicht-Verhalten. Dem Verhalten wurde auf den Grund gegangen, Stresssituationen analysiert, Angstzustände beäugt und die Auslöser untersucht.
Dass das nicht ohne Stress, Anspannung und emotionalen Ausbrüchen von sich geht, ist klar.
Die Therapie ist ein Drahtseilakt, nicht nur für Patienten, sondern auch für Therapeuten, Pfleger und Ärzte. Borderliner stacheln sich gegenseitig gerne an, testen Grenzen aus. Und ein Haufen Borderliner auf einem Fleck kann schnell problematisch werden.
An dieser Stelle ein großes Lob an die Klinik in Köln: ich habe zu keinem Zeitpunkt mitbekommen, dass die Pfleger und Therapeuten aus der Haut gefahren sind oder nicht wussten wie sie reagieren sollten.
Es ist in der Therapie nicht alles Gold was glänzt, und jeder muss für sich selber entscheiden, welche Erfahrungen und Entwicklungen, welche Fähigkeiten und welches Wissen er aus der Therapie mitnimmt. Egal ob es sich um Bewältigung, Skills oder Trigger erkennen handelt – nicht jeder kommt mit jedem klar.
Irgendwann habe ich gesagt, DBT ist wie eine Religion. Es ist das Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die eigene Stärke.
Es kann einem helfen, wenn man es zulässt.