In einem vorherigen Artikel habe ich versucht, dass Modell hinter Peer im Tandem zu erklären. Mit meinen eigenen Worten. Wer das nachlesen möchte, einmal hier entlang.
Zusammenfassung in einem Satz:
Menschen mit Beeinträchtigung helfen Menschen mit Beeinträchtigung.
Um das ganze nun auch auszuüben durfte ich bei den Alexianer Werkstätten an einer Schulung zu diesem Thema teilnehmen.
Eine Randbemerkung der Vollständigkeit halber: durchgeführt wurde die Schulung von zwei wunderbaren Damen von der Caritas Paderborn. Und unterstützt wird das Projekt von der Aktion Mensch.
Schuldigkeit der Vollständigkeit halber getan. Kommen wir zu den Schulungen.
Die Schulungen
Unsere beiden Schulungsleiterinnen heißen Michaela und Christina und haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten sehr liebevoll um unsere bunte Truppe an angehenden Peer Beratern gekümmert. Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht, wir mussten immer wieder aussetzen, es stehen – zum Zeitpunkt der Veröffentlichung – immer noch zwei abschließende Schulungstage aus.
Wir hatten mit Raumproblemen zu kämpfen, mit nicht funktionierenden Heizungen und immer neuen Vorgaben. Es hat keinen von uns daran gehindert mit Herz und Seele bei der Sache zu sein. Es hat weder Michaela noch Christina daran gehindert, uns auf unsere neue Aufgabe bestmöglich vorzubereiten.
An dieser Stelle einmal ein Danke an euch! Ihr macht die Welt ein wenig besser!
Die Schulung umfasst elf Tage und ich muss sagen: ich bin an jedem einzelnen Tag nach Hause gegangen und fühlte mich erschlagen. Erschlagen von Wissen, von Ideen und auch von Freude. Unsere Truppe, bunt zusammengewürfelt aus mehreren Betriebsstätten, kannte sich zum Teil gar nicht. Manche vielleicht vom Sehen, doch wir waren vom ersten Tag an eine eingeschworene Truppe, in der wir offen reden können und wunderbar zusammen arbeiten können.
Warum eigentlich?
Die Frage, warum wir das eigentlich machen, kam natürlich auch in der Schulung auf. Und auch im Gespräch mit den Tandem-Partnern. Wenn ich es ganz nüchtern und von außen betrachte, ist das eigentlich eine ziemlich bescheuerte, wenn nicht sogar beschissene Idee von mir, andere beraten zu wollen.
Ich bin psychisch beeinträchtigt, verbrauche ziemlich viel Energie um überhaupt einen normalen Tagesablauf zustande zu bekommen, ohne meine To-Do-Listen und Skills würde ich nichts auf die Reihe bekommen.
Warum also noch Energie in etwas stecken, was mir nicht hilft? Nüchtern betrachtet, vielleicht sogar aus Managersicht also ziemlich nutzlos. Ich könnte mir mein Leben einfacher gestalten, wenn ich schärfere Ellbogen hätte. Wenn mir, auf gut deutsch gesagt, die anderen Menschen egal wären. Aber irgendwie sind sie das nicht.
Darum!
Das ist ein Grund: ich bin altruistisch veranlagt. Ich möchte anderen Menschen helfen. Ich empfinde Freude, wenn ein anderer Mensch etwas schafft, was er sich nicht zugetraut hat, wenn er sich über etwas freut oder wenn er einen Erfolg vermeldet. Ganz egoistisch betrachtet, tut es mir also gut, anderen zu helfen. Ein anderer Grund ist, dass ich mir in meiner Biografie oft genug jemand gewünscht hätte, der zu mir gesagt hätte „Ich hab das auch erlebt. Auch du kannst das schaffen. Du bist gut genug.“
Hatte ich leider erst recht spät in meiner Krankheitsgeschichte. Gespräche auf Augenhöhe waren oft nur in Kliniken oder in Selbsthilfegruppen möglich. Und ich bin kein Mensch für Selbsthilfegruppen. In Kliniken haben die Menschen selber genug Probleme, man ist Teil eines großen Problems – irgendwie. Generell mag ich größere Gruppen nicht. Ich möchte meine Probleme nicht vor einem Haufen Menschen in einem nichtssagenden Raum breittreten.
Ich hätte gerne einen Kaffee und ein Lächeln
Gemütlich in einer Sitzecke, ein Kaffee in der Hand mit einer anderen Person, die sich nur auf dich konzentriert, klingt soviel wertvoller und gemütlicher.
Und da ich der Meinung bin, nicht nur ich habe diesen Wunsch, war es für mich keine große Überlegung, ob ich eine Beratungsarbeit aufnehme. Ich bin in meinem Leben vielen Problemen begegnet. Lösbare und unlösbare gaben sich die Hand. Aus unlösbaren wurden oft genug lösbare, wenn sie nicht wie ein Berg auf einen zukamen.
Doch Probleme haben die Angewohnheit nie einzeln aufzutreten. Sie wirken wie ein Gebirge, das man kaum erklimmen kann. Und manchmal reicht einfach ein anderer Sichtwinkel. Den kann ich bieten und wenn nur ein Mensch durch mich ein besseres Leben hat, dann habe ich meinen persönlichen Sinn auf dieser Erde erfüllt.
Mutter Teresa hat einige interessante Zitate zu diesem Thema, doch eines ist ganz besonders:
„Wir werden nie wissen, wie viel Gutes ein einfaches Lächeln vollbringen kann.“
Mutter Teresa
Ein Lächeln kann einen Menschen verändern, wie viel mehr kann ich erreichen, wenn ich zu höre?
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