Wer psychisch krank ist, hat oftmals ein Problem mit der Selbstfürsorge. Gerade Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Traumaerfahrungen sind Spitzenreiter dafür, die Selbstfürsorge zu vernachlässigen.
Dann heißt es: “Du musst mehr Selbstfürsorge betreiben!”
Doch was ist eigentlich Selbstfürsorge? Wie kann ich sie betreiben und was zählt da alles zu?
Eine Spurensuche…
Selbstfürsorge – Definition
Eine allgemeine Definition gibt es nicht. Dahl und Duglosch, zwei Psychologinnen, haben nach etlicher Lektüre folgende Aussage zusammengetragen:
Selbstfürsorge heißt, sich selbst liebevoll und wertschätzend zu begegnen, das eigene Befinden und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen und aktiv zum eigenen Wohlergehen beizutragen.
Gut, das klingt erstmal sehr schwammig, und liebevoll? Selbstliebe, da hab ich schon mal drüber geschrieben, das ist nicht einfach. Wertschätzend fällt in die gleiche Kategorie. Mein erster Gedanke dazu ist immer direkt: Wie soll ich mich denn bei all meinen Fehlern selber lieben und wertschätzen?
Befinden und Bedürfnisse ernst nehmen ist auch nicht immer so einfach – schließlich wurde mir genau das jahrelang abgesprochen und mir erklärt, wie ich mich fühlen soll und welche Bedürfnisse ich zu haben habe.
Und so wie mir geht es vielen. Aber, und das ist das Feine hinter der Selbstfürsorge, es sind schon Kleinigkeiten, die es ausmachen.
Vorhang auf für die alltägliche Selbstfürsorge, die auf den ersten Blick keine ist!
Zähneputzen, Duschen, Haare kämmen – die tägliche Pflege
Wer psychisch krank ist, kennt es: Jene Tage, an denen selbst Zähneputzen oder Waschen eine Herausforderung ist.
Und dennoch: Sich einfach die Zähne zu putzen und Zeit aufzuwenden für so alltägliche Dinge wie die körperliche Pflege ist ein Aspekt der Selbstfürsorge. Denn wir kümmern uns um uns selbst. Das ist prinzipiell der erste Schritt zur Selbstfürsorge.
Ich pflege meinen Körper, ich sorge dafür, dass ich mich in meinem Körper wohl fühle. Und wenn es nur eine schnelle Katzenwäsche ist.
Und dann gibt es Tage, da geht es einfach nicht.
Pausen – nicht nur während der Arbeit
Über die Jahre habe ich viele dieser Zeiten erlebt und manchmal gönne ich mir ganz bewusst Tage, an denen ich auf die körperliche Pflege keine Zeit verschwende. Gammeltage zu Hause, den ganzen Tag im Schlafantzug, Chips mampfen im Bett, Pizza aus dem Ofen. Kennt ihr? Gehört auch zur Selbstfürsorge. Nennt sich Pause! Eine Pause ist nämlich nicht nur die Zeit auf der Arbeit oder in der Schule, in der ich nicht arbeite oder lerne. Pausen sind auch jene Tage, an denen man, bewusst oder unbewusst, seine täglichen “Pflichten” vernachlässigt. Einfach mal ausspannen, nur das machen, was mir gerade in den Sinn kommt – seelische Selbstfürsorge, die Batterien wieder aufladen und Kraft tanken.
Auch das ist Teil der Selbstfürsorge.
Essen – von Fertigfutter zu Sterneküche
Essen, für die meisten von uns alltäglich. Für viele schwierig – auch für mich. Sich gesund und ausgewogen zu ernähren ist oftmals nicht einfach. Aber so oder so, wir Menschen brauchen Nahrung. Und wenn wir Hunger haben, dann wollen wir essen.
Ob ich mir nun eine Fertigpizza in den Backofen schiebe, irgendwo einen Burger oder Sushi kaufe oder mich in die Küche stelle und ein ausgewogenes Menü koche – dafür zu sorgen, dass man etwas isst, ist Selbstfürsorge.
Neben der Körperpflege und den Pausen eine der Wichtigsten. Und als das sollten wir es auch ansehen. Bekommt Kochen damit nicht einen ganz neuen Aspekt?
Gute Nacht – schlafen und träumen
Ich gehe jeden Abend, mit Ausnahmen, zur gleichen Zeit ins Bett. Dann schaue ich gemeinsam mit meinem Mann noch eine Zeit lang Fernsehen und dann wird geschlafen.
Jeden Wochentag stehe ich zur gleichen Zeit auf. Mein Biorhythmus ist dermaßen darauf eingestellt, dass selbst an Wochenenden die Zeiten nicht weit abweichen.
Und auch das ist Selbstfürsorge! Denn ich erlaube meinem Körper, wieder zu Kräften zu kommen, sich auszuruhen und gebe ihm den benötigten Schlaf.
Auch mal mehr, wenn ich merke, ich brauche es. Dann krabbel ich mittags einfach nochmal in mein Bett.
Zu erkennen, dass ich müde bin und Schlaf brauche, war eine Sache, die ich erst lernen musste. Und auch das ist Teil der Selbstfürsorge.
Die kleinen Dinge – Tee, Kaffee und ein Kuchen
Bis hierhin habe ich vermeintlich alltägliche Dinge aufgelistet. Der Betrachtungswinkel macht sie zu etwas Besonderem, zu einem Teil der Selbstfürsorge.
Doch es gibt die kleinen Dinge, die wir uns in unserem Alltag mehr gönnen sollten – kleine Rituale zur Selbstfürsorge.
Ein Beispiel ist mein täglicher Kaffee nach der Arbeit. Wenn ich nach Hause komme, mache ich mir eine Tasse Kaffee, versorge unsere Katzen und setze mich dann mit dem Kaffee vor meinem PC. Meist surfe ich dann durchs Internet, lese lustige Artikel, treibe mich auf Meme-Seiten herum oder schaue eine Folge der aktuell von mir gesehenen Serie. Manchmal begleitet von intensiven Kuscheleinheiten mit den Katzen.
Der Sinn dahinter? Ich nehme mir einfach Zeit, zur Ruhe zu kommen, nach Stunden im Büro, nach Menschen um mich herum.
Das ist Selbstfürsorge.
Auch Selbstfürsorge ist, sich den Blumenstrauß auf dem Wochenmarkt zu kaufen, sich selbst ein Stück Kuchen zu genehmigen und es in aller Ruhe zu essen, Selbstfürsorge ist…
Es sind Kleinigkeiten, die unseren Blick auf uns selbst verändern können. In dem Moment, in dem ich mir etwas Gutes tue – vom Zähneputzen bis hin zu neuer Kleidung oder einem Blumenstrauß – wenn ich es bewusst genieße, es mir bewusst mache, DAS mache ich nur für mich, wird es zur Selbstfürsorge.
Und mit der Zeit werden die Momente, in denen ich glauben kann, dass ich es verdient habe. Ich bin es wert, denn ich verdiene meine eigene Liebe.
Dass nicht jeder Tag so läuft, geschenkt. Es gibt Tage, da würde ich mir nicht mal die Butter auf dem Brot gönnen, da glaube ich kein Stück, dass ich es WERT bin. Aber diese Tage sind im Laufe der Jahre weniger geworden.
Dafür die kleinen Momente, die ich bewusst genieße, mehr.
Für mehr Selbstfürsorge und Selbstliebe!
Wann hast du dir das letzte Mal selbst etwas Gutes getan?
Photo by Christina Deravedisian on Unsplash